Von Melbourne bis Queensland, eine Geschichte über Abenteuer und Freundschaft

 

Morgens um 7 landen wir in Melbourne und auf direktestem Weg, ohne viel nach rechts und links zu schauen, wühlen wir uns durch den Verkehr aus der Stadt.

Der erste Aldi ist unser – endlich mal wieder günstig einkaufen (da wir für die Fähre so richtig bluten mussten, ist das mehr als notwendig) . Auf dem Parkplatz gibt es dann auch relativ schnelles Internet zu finden, also rufen wir bei Heinz an, denn er wohnt nicht allzu weit entfernt in Venus Bay. Wir haben Heinz an einem Campingplatz auf der Great Alpine Road kennengelernt – das war vor fast 3 Monaten und er hat uns damals zu sich eingeladen.

Auf dem Weg nach Venus Bay kommen wir außerdem an Phillip Island vorbei – bekannt für 2 Dinge: eine Pinguin Kolonie und Australiens GP Rennstrecke – beides definitiv einen Besuch wert.

Die Insel ist schnell erreicht und auch überquert. Nachdem wir jedoch zu knauserig sind, um für den Strand, an dem die meisten Pinguine nisten Eintritt zu bezahlen die Tiere verlassen ja eh erst nachts das Wasser, erkunden wir statt dessen  wohin die Straße sonst noch führt und siehe da, dass Ende des Weges führt zu einem anderen Strand und hier gibt es auch Pinguinhöhlen in den Klippen, so dass wir nun völlig kostenlos von einem Wanderweg aus die Jungtiere sehen können, die hier auf ihr Abendbrot warten.

Auf dem Rückweg über die Inselrunde kommen wir dann auch am Haupteingang der Rennstrecke vorbei, aber sowohl der Eintritt ins Museum als auch eine Runde drehen wird uns mit dem üblichen australischen Wucherpreisen verleidet – da erscheint eine Runde auf der Nordschleife direkt als   Superschnäppchen! Also gönnen wir uns nur einen Aufkleber fürs Gespann und ein paar Fotos, die beweisen, dass wir da waren und dann geht es nach Venus Bay.

Schön, dass Heinz deutsch genug ist und so ziemlich als Einziger eine Hausnummer angebracht hat (er spricht allerdings am liebsten Englisch, denn er kann sich nicht mehr so recht an alle Worte seiner Muttersprache erinnern)  und während wir noch vor dem Haus herum wundern, ob er wohl da ist, kommt er auch schon freudestrahlend auf uns zugerannt – es ist nicht zu übersehen, dass wir mehr als willkommen sind und gleich fragt er, wie viele Wochen wir zu bleiben gedenken – eigentlich hatten wir ja nur an ein zwei Nächte gedacht, denn wir haben  ja in Tassie schon lange genug gerastet, aber es treibt uns ja keiner und wenn es Heinz eine Freude macht....

Wir bleiben also ein paar Tage länger und reden mit Heinz die Welt besser. Als wir dann zum nahegelegenen Nationalpark (Wilsons Promontory) fahren wollen springt unser Moped nur sehr widerwillig an, um uns dann nach 20 Km wieder mit den Zündaussetzern zu ärgern, von denen wir dachten, dass sie endlich behoben wären.

Liza stottert und hustet um dann irgendwann komplett ohne Zündfunken am Straßenrand liegenzubleiben. Na super – jetzt heißt es mal wieder Sitz weg, Tank ab und dann ohne Sinn für die Materie an irgendwelchen Kabeln rumfummeln. Nach einer Weile läuft sie wieder, wenn auch noch immer nicht, wie sie sollte aber immerhin schaffen wir es zurück bis zu Heinz.

Am nächsten Morgen wollen wir die Geschichte noch einmal unter die Lupe nehmen, starten den Motor und …. Der Ölfilter fällt ab!

Diesmal nehmen wir die ganze Halterung ab und Kev fährt mit Heinz zu einem Automarkt – es stellt sich heraus, dass wir die ganze Zeit mit einem Filter gefahren sind,  der minimal zu groß war und wir eine Nummer kleiner brauchen. Kev kauft also einen  neuen und als er ihn zurück in Venus Bay aus der Tasche nehmen will … ist nur der alte Filter drin. Also wieder die 30 km zurück zum Laden, wo der neue noch immer auf der Verkaufsteke steht – Chaosteam in bester Form halt. Zurück in Venus Bay bauen wir alles wieder zusammen und drücken noch einmal  an ein paar Kabelverbindungen rum, doch wenn auch der Ölfilter nun nicht mehr abfällt, die Elektrik spinnt noch immer. Auf der anschließenden Testfahrt sind wir schon nach kurzer Zeit wieder gestrandet – Himmel noch Mal! So langsam gehen uns die Ideen aus und ich will einfach nicht glauben müssen, dass es die Zündspulen sind. Wir haben noch ein Ersatzkabel für den Anschluss, der ans Zündsteuergerät und den Hallsensor geht im Gepäck, also entladen wir hier mal wieder alles und nehmen  auseinander. Es ist ein ziemliches Gefummel, bis wir den neuen Kabelstrang eingebaut haben (das alte Kabel sieht auch ziemlich vom Zahn der Zeit zernagt aus) und nun springt Madam auch wieder an und wir drehen eine kleine Runde ohne Gezuckel. Wir haben jetzt doch so langsam Hummeln im Hintern und wollen in die Snowy Mountains, also beschließen wir, auf das Beste zu hoffen und endlich weiterzufahren ….

Das Moped wird gepackt, wir verabschieden uns von Heinz und…. nach ca. einer halben Stunde Fahrt hängen wir wieder zündfunkenlos in der Pampa. Vielleicht müssen wir doch die Ersatzzündspulen  einzubauen? Das komplette Gepäck im Straßengraben suchen wir in den Tiefen unserer Ersatzteilkiste. Die Spulen sind natürlich gaaaanz unten und als sie endlich ausgegraben sind müssen wir feststellen, dass wir die falschen Anschlüsse haben. Schädelkratzend überlegen wir, was wir nun noch tun können und so nehmen wir den halben Kabelbaum auf der Suche nach einem brüchigen Kabel auseinander. Was wir finden ist ein nicht richtig abisoliertes Kabel und eine recht lockere Verbindung zwischen  den beiden Zündspulen – ok, dann versuchen wir hier unser Glück, kneifen die Schellen wieder zusammen und isolieren den Draht vernünftig, dann wird alles noch ein wenig aufgeräumt und obwohl wir nicht sicher sind, ob wir das Richtige getan haben packen wir alles wieder zusammen und oh Wunder, sie läuft. Selbst nach mehreren Stunden unterwegs sind wir noch immer nicht wieder liegengeblieben – jedes Mal, wenn Kevin vom Gas geht macht mein Herz einen Hopser und ich befürchte das Schlimmste, aber auf jeden prüfenden Blick zur Seite bekomme ich einen fröhlich hochgestreckten Daumen und so langsam entspanne ich ein wenig – vielleicht haben wir ja tatsächlich die Ursache allen Übels gefunden.

Abends erreichen wir den Beginn der geplanten Strecke durch die Snowy Mountains und nachdem der Campingplatz im Nationalpark gemein teuer ist (59,50 Dollar für ein Zelt pro Nacht) füllen wir hier nur unseren Wasserkanister auf und suchen uns ein lauschiges Plätzchen im Busch – da sind wir eh am liebsten.

Die nächsten Tage kreuzen wir auf Schotterstraßen durch das Gebirge, halten unzählige Male für Fotos und finden jede Menge superschöne Campingplätze entlang des Snowy River, das Motorrad läuft wie geschmiert, das Leben ist wunderbar….

Am Ende des Barry Way, der wirklich so spektakulär war, wie angekündigt halten wir noch einmal an einem Aussichtspunkt, um  ein Rundumfoto zu machen und dann geht es in die nächste Stadt, wo wir unsere Vorräte auffüllen müssen, denn trotz Kevins Ausdauer,  mit der er jeden Abend die Angel rausholt, schafft er es einfach nicht, uns ein Abendbrot zu fangen.

Die höchsten Straßen die durch das Gebirge und den Kosciusko Nationalpark führen haben wir nun weitestgehend abgegrast – nachts ist es empfindlich kalt und wenn uns jemand prophezeit hätte, dass wir in Australien frieren würden, hätte ich gelacht, wir sind extrem froh, dass wir einen Winterschlafsack dabei haben.

Wir haben uns schon einige Male im Netz der kleinen Straßen verfahren und befinden uns am falschen Ende einer  Kette von riesigen Seen.  Ich habe mir in den Kopf gesetzt, eine Abkürzung zum entgegengesetzten Ufer zu finden, um nicht die komplette Runde drehen zu müssen. Es gibt jede Menge Forstwege, die dorthin führen, aber das GPS weigert sich standhaft, diese als Straßen anzuerkennen und so muss ich mal wieder kreativ navigieren – na das habe ich in Indonesien ja zur Genüge gelernt….

Immer, wenn ich denke das wir nun auf dem richtigen Weg sind enden wir allerdings an einem abgeschlossenen Tor und so irren wir stundenlang durch den Wald – zum Teil sind die Wege wirklich eher Allrad geeignet und wir kämpfen uns nur mit Mühe durch. Nach einigen Stunden wieder vor einem abgeschlossenen Tor geben wir dann endlich auf – die Abkürzung hat uns nun schon genug Zeit und Nerven gekostet und allein die Fahrt zurück zum letzten Ort wird kniffelig genug – also finden wir uns damit ab, von dort den ganzen langen Weg um den See herum zu fahren und dazu den Highway zu benutzen (natürlich muss ich mir danach Einiges zum Thema Kerstin und ihre Abkürzungen anhören).

Es ist nun nicht mehr weit bis Canberra– die Hauptstadt des Kontinents sollten wir uns ja wohl auch anschauen. Unterwegs an einem Aussichtspunkt treffen wir mal wieder auf einen Deutschen, der vor Jahrzehnten nach Australien gezogen ist und er ist dermaßen von uns und unserem Gefährt begeistert, dass er uns sein ganzes Kleingeld in unsere Sammeldose steckt und dann als wir weiterfahren wollen holt er noch einmal seinen Geldbeutel raus und steckt uns noch einen 20 Dollarschein hinein.  Wow das muss ich aber Kerry schreiben, sie wird  aus dem Häuschen sein, dass ihre Dose funktioniert.

Als nächstes halten wir an einer Hütte für Wanderer oben im Gebirge und ein riesiger Toyota mit Mitgliedern eines Angelclubs, die auf dem Weg zu einem geselligen Wochenende des Vereins sind. Spontan laden sie uns ein, vorbeizukommen und unser Zelt bei ihnen aufzuschlagen. Kev ist Feuer du Flamme, er hofft, mit den Jungs angeln gehen zu können und endlich ein paar wertvolle Tipps zu bekommen, damit seine Versuche, uns mit fischiger Nahrung zu versorgen endlich von mehr Erfolg gekrönt werden.

Wir werden auch vom Rest der Truppe euphorisch willkommen geheißen, aber mit Angeln wird es nichts. Auf dem Grill brutzeln Burger und Steaks und in den Kühlboxen liegt jede Menge Bier auf Eis – na ja – lernen wir eben, wie australische Angler feiern (was sich übrigens kaum von dem unterscheidet, was wir von zu Hause kennen).

Nach einer Nacht mit Lagefeuer, Anglerlatein und viel Bier gibt es ein deftiges Katerfrühstück am Grill danach verabschiedet sich einer nach dem anderen und macht sich auf den Nachhauseweg.

Auch wir bummeln so langsam wieder weiter. Wir finden eine kleine Schotterstraße, die uns durch einen weiteren der vielen Nationalparks in Richtung Canberra führt. Unterwegs treffen wir auf ein schweizer Ehepaar, das mehrfach an den gleichen Aussichtspunkten anhält. Natürlich kommen wir mit Doris und Urs ins Plaudern und erfahren, dass die Beiden ebenfalls schon 1 ½  Jahre mit ihrem selbstentworfenen Toyota Camper unterwegs sind. Auch sie wollen zu einem Campingplatz kurz vor den Toren der Hauptstadt  und nachdem wir uns zum dritten Mal treffen meint Doris, dass dies bedeutet, wir müssen beim nächsten Mal ein Bier zusammen trinken. Als wir auf dem Campingplatz ankommen haben Doris und Urs ihr Lager schon aufgeschlagen und winken uns mit kaltem Victoria Bitter zum Anhalten – oh das zischt.

Nachdem wir noch ein Plätzchen für unser Zelt gefunden und es aufgebaut haben lädt Doris uns auch noch zum Abendbrot ein und wir verbringen einen unterhaltsamen und fröhlichen Abend.

Die Nacht wird weniger ruhig, alle sind in Feierstimmung und das bis in die Nacht hinein, an Schlaf ist eher nicht zu denken.

Am nächsten Morgen verabschieden sich Doris und Urs, wir beschließen, noch eine Nacht hier zu verbringen, damit wir sorgenfrei und vor allem ohne Gepäck die Stadt erkunden können. Man hat uns erzählt, dass es überall irgendwelche Feierlichkeiten geben wird, denn heute ist Canberraday (was auch immer das bedeutet) und wir sind schon ganz gespannt.

Da wir nicht so genau wissen, wohin wir wollen folgen wir zuerst den Schildern zum Museum of Australian History.

Das Museum ist sehr modern, mit allem an Unterhaltungselektronik gespickt und schön bunt, hier und da gibt es interaktive Exponate (irgendwer hat sich wohl zu Herzen genommen, dass der moderne Museumsbesucher das erwartet), aber irgendwie wirkt das Ergebnis, als ob die Designer erst einen Kurs in Unterhaltungspsychologie belegen mussten, das Wort Spaß aber nur aus der Theorie kennen und nun nicht so recht wussten, wie man das mit so etwas Ernstem wie Geschichte mixt .Das Ergebnis sind 3 vollgestopfte Etagen, aber irgendwie fehlt uns ein wenig der rote Faden – wahrscheinlich macht das Ganze hier für Australier mehr Sinn und Spaß – für uns wäre etwas mehr Erklärung nötig, als wir bekommen und so wirkt die Ausstellung eher gestückelt und oft unverständlich.

Die Geschichte der Aborigines findet man erst nach längerem Suchen in einem separaten Trakt abseits der Hauptaustellungsräume und obwohl wir nun eigentlich keine Lust mehr haben fühlen wir uns irgendwie verpflichtet, uns diesen Teil noch anzuschauen. Nicht viele Besucher  haben es bis hierher geschafft und von den wenigen hält sich nur ein Bruchteil länger damit auf, sich die Videos und Erklärungstafeln anzuschauen. Der Spagat zwischen Fakten und political correctness führt dazu, dass das Ganze entweder langatmig und/oder gestückelt wirkt.

Als wir aus dem Museum kommen sind wir jedenfalls eher verwirrt und nach einem kurzen Schlenker durch das Zentrum der Hauptstadt, wo wir vergeblich nach Anzeichen für Feierlichkeiten suchen, machen wir uns etwas endtäuscht wieder auf den Weg zum Campingplatz.

Canberra wirkt wie ein Retortenbaby, das nach der Geburt keimfrei großgezogen wurde. Man hat der neugeborenen Stadt alles mit auf den Weg gegeben, was sie benötigte um erwachsen zu werden, aber eine Seele hat sie nicht. Normale Australier leben hier scheinbar nicht viele,  mehr Beamte halt und für die ist feiern bestimmt etwas Unanständiges. Jedenfalls fangen wir so langsam an zu verstehen,  warum jeder, dem wir unterwegs erzählt haben, das wir Canberra besuchen wollen verständnislos gefragt hat, was wir denn da bloß wollen.

Irgendwer hat uns erzählt, dass im Capital Territory wesentlich lockere Vorschriften für Alkohol gelten und hier sogar Haschisch legal sei.  Ich weis nicht, ob das stimmt, aber wenn dann nur, weil man sich diesen Ort anders nicht schönfärben könnte und sonst keiner freiwillig hier bleiben würde…..

Wir fahren jedenfalls so schnell wie möglich weiter. Eigentlich wollen wir uns ja wenigstens noch das War Memorial anschauen, von dem uns alle vorgeschwärmt haben, aber wir finden nur mit Mühe Wegweiser zum Regierungsgebäude, fürs Kriegsmonument aber nichts – also schenken wir uns das dann und sehen zu, das wir Land gewinnen – Australien hat hoffentlich noch Besseres zu bieten, als seine langweilige Hauptstadt.

Die Ostküste haben wir schnell erreicht und nach einem Blick auf den Tacho rechnen wir aus, das wir jetzt seit Darwin 18857 km gefahren sind und außerdem zum ersten Mal seit unserer Ankunft seit ganzen 8 Tagen ohne Panne unterwegs – das ist schon ganz schön beeindruckend!

Im ersten Nationalpark an der Küste finden wir dann auch noch ratz fatz einen absolut idyllischen und obendrein kostenfreien Campingplatz – leider gibt es hier allerdings kein Wasser – zumindest wenn man Mal vom Pazifik absieht – mit Salzwasser schmeckt der Kaffee einfach nicht.

Es gibt hier 4 belege Plätze und als ich Wasser betteln gehe (wir möchten nämlich zu gerne hier bleiben) stelle ich fest, das 3 davon deutsche Pärchen sind. Wir treffen so viele Deutsche, dass ich mich manchmal frage, ob zu Hause eigentlich noch wer die Stellung hält.

Die Landsleute von gegenüber versorgen uns denn auch großzügig mit Wasser. Die Beiden sind auch schon länger unterwegs, und auch sie haben Vietnam mit einem Moped bereist, was natürlich für Unterhaltungsstoff  sorgt. Danach machen wir einem Spaziergang entlang des Sandstrandes und der Bucht finden wir die knochigen Überreste eines Walkopfes und fühlen uns wie Forscher in einer unbekannten Welt. Die Mischung aus Quatschen und Expedition sorgt dann allerdings dafür, dass ich  mal wieder im Dunkeln kochen muss, was ich hasse und dann, gerade 5 Minuten vor fertig fängt es auch noch an zu schütten.

Es gefällt uns hier so gut, dass wir spontan beschließen, dass wir falls wir noch ein wenig mehr Wasser organisieren können, noch einen weiteren Tag hier bleiben. Der kleine Campingplatz ist nur über 20 km holprige Piste durch den Wald zu erreichen und es macht keinen Sinn, fast 50 km für Wasser zu verfahren. Die Beiden von Gestern haben noch jede Menge übrig und da sie heute wieder weiterfahren wollen und somit an der nächsten Tankstelle ihre Kanister mit dem wertvollen Nass  auffüllen können, zeigen sie sich spendabel. Glücklich, einen fahrfreien Tag zu haben, den wir in der Natur verbringen können sucht Kev sich sein Angelzeug raus und verbringt einen ganzen Tag in seinem Element. Während er dabei seine englischen Kalkbeine so richtig verbrennt, zerschneide ich mir die Füße an den Felsen auf der Suche nach schönen Muscheln und Steinen – die Schuhe habe ich nämlich am Sandstrand zurückgelassen.

Während ich mit einer ganzen Mütze voller Schätze belohnt werde,  hat Kev weniger Glück, er fängt nur einen Fisch und der ist zu klein, um dafür die Pfanne heiß zu machen. Na wenigstens hat er später noch die Genugtuung, ein paar Einheimischen zuzuschauen und bekommt ein paar wichtige Tipps fürs nächste Mal.

Auf unserem Zeltplatz tummelt sich einiges an Wildgetier, 2 Warane oder Goannas wie man sie hier nennt, zanken sich um Essensreste, die ich Gestern im Dunkeln aus dem Topf gerührt habe, ein Possum schleicht um den Tisch auf der Suche nach Gemüseresten, junge Kookaburras üben das Fliegen vom Toilettendach aus und ein Walllaby, das so voller Flöhe ist, dass man sie mit bloßem Auge springen sehen kann verfolgt mich und meinen Apfel, bis Kev es endlich mit einem Stock wegscheuchen kann (mich juckt es noch lange danach).

Unsere kleine Auszeit in diesem Paradies ist viel zu schnell vorbei und da ich den Computer am Motorrad laden musste, damit ich weiterhin navigieren kann, springt das Mädel dann wie erwartet auch nicht an. Zum Glück können wir sie allerdings bergab anrollen lassen. Wir wollen heute in Helensburgh ankommen, wo wir das Angebot haben, im Garten der Familie Snelling unser Zelt aufzustellen. Entlang der Küste nehmen wir den sogenannten Grand Pacific Highway, der uns allerdings bis auf das letzte Stück, wo man endlich auch wirklich die Küste sehen kann ziemlich enttäuscht.

Ich bin fast überrascht, wie gut wir unser Ziel finden und Bron heißt uns herzlich willkommen. Da wir nicht so recht wissen, wo wir unser Zelt aufschlagen können und Andrew, der uns hier weiterhelfen könnte auf Spätschicht ist, schlagen wir für die erste Nacht unser Lager im Wohnzimmer auf, wo Charlie – der Hund – es sich dann auch gleich breit macht. Wahrscheinlich haben die Ausdünstungen von Kevins Füßen ihn in Narkose versetzt, denn prompt hinterlässt er eine Riesenpfütze auf unserem Lager. Bron ist außer sich, sie sagt, er hätte so was noch nie gemacht und ich erkläre  ihr, was der Holfordfaktor ist:  uns passieren immer Dinge, die sonst nie geschehen…..

Den nächsten Tag verbringen wir damit, unseren Schlafsack und Wäsche zu waschen, bauen unser Zelt im Garten auf und die beiden Männer machen Bestandsaufnahme, was an unserem Motorrad gemacht werden muss und dann können wir auch noch ein Packet von zuhause auspacken, auf das wir schon so lange sehnsüchtig gewartet haben. Es enthält Ersatzteile fürs Motorrad und für jeden von uns ein paar neue Birkenstocksandalen – unglaublich, wie glücklich man über so etwas sein kann, es ist wie Weihnachten.

Samstag machen Kev und ich einen Ausflug nach Sydney. Wir fahren mit dem Zug in die große Stadt und sind beide erstaunt, es gefällt uns hier wesentlich besser, als wir erwartet haben. Die Mischung aus alten Gebäuden und modernen Wolkenkratzern sorgt für Kontraste, die sich zu einem Bild fügen, das harmonischer ist, als man es erwarten würde.  Wir machen einen Ausflug mit der Fähre nach Manly und zurück (Empfehlung von Bron) und genießen die wunderschönen Aussichten auf den Hafen mit der weltbekannten  Harbour Bridge und dem einzigartigen Opernhaus. Danach sitzen wir mit Fish n Chips in der Sonne wobei wir den Rummel aus Touristen aller Herren Länder und Straßenkunst vor berühmter Kulisse aufsaugen bevor wir uns die Füße in den „Rocks“ wund laufen. Das einstige das Armenviertel ist der älteste Teil der Stadt und heute eine der Attraktionen. Am Ende gönnen  wir uns ein ziemlich teures kaltes Bier in einem der ältesten Pubs und betrachten von hier aus das bunte Geschehen. Hier trifft sich alles, vom verschwitzten Backpacker bis zu aufgetakelten Yuppies, Touristen aller Herren Länder und Hochzeitsgesellschaften…

Wir kommen mit einem der letzten Züge zurück zu unseren Freunden in Helensburgh, sind ziemlich fußlahm und fertig, aber sehr angetan von diesem besonderen Ort britisch/australischer Geschichte.

 

Schon vor 5 Monaten bekamen wir die Zusage von Sydney Shock Absorbers, dass man uns hier unseren defekten Stoßdämpfer von Bilstein überholen wird, also kontaktiere ich die Firma und wir werden mit offenen Armen empfangen. Ich kann es kaum fassen, aber wir dürfen beide Hinterradstoßdämpfer dalassen und man verspricht uns, dass wir sie vor dem Wochenende so gut wie neu zurückbekommen So viel Glück auf einen Haufen sind wir gar nicht gewohnt.

Unsere Weiterfahrt ist für Samstagmorgen geplant. Andrew möchte uns gerne ein paar von seinen Freunden vorstellen und sie zum Grillen am Freitagabend eingeladen. Wir haben also 4 Tage, um Arbeiten am Motorrad zu machen, ich kann mich um Organisatorisches und Schreibarbeit am Computer kümmern. Kev stellt Ventilspiel ein, macht Ölwechsel und tauscht den Hinterreifen – unfassbar, die ersten Reifen haben uns von Waldaubach bis nach Melbourne gebracht und der neue Reifen ist schon nach 6000 km an der Seite heruntergefahren!

Wir haben eine Email von Frank  bekommen, er ist in Woy Woy, auf der anderen Seite von Sydney und da er nur noch 2 Wochen in diesem Land sein wird, würde er sich gerne noch einmal mit uns treffen und so verabreden wir mit ihm, dass wir am Samstag bei ihm und seiner Freundin Karin auflaufen…

Bis dahin haben wir dann auch alles soweit geschafft, das Motorrad ist fit, wir haben einiges aus dem Gepäck genommen, denn wir werden auch von Sydney aus verschiffen, was bedeutet, wir kommen vor dem Verlassen des Kontinents wieder hierher zurück, so dass wir Dinge, die wir nicht unmittelbar brauchen solange in Andrews Garage lagern dürfen. Ich konnte etwas Schreibarbeit erledigen und auch unsere Stoßdämpfer sind zum Abholen bereit. Wir brauchen wirklich nichts dafür zu zahlen und freuen uns wie zwei kleine Kinder – die normalen Motorradstoßdämpfer haben uns zwar von Jakarta bis hierher gebracht, aber man merkt halt doch einen gewaltigen Unterschied….

Bei der Grillfeier mit Freunden bekommen wir dann auch noch das Angebot, dass wir ein paar Tage im Ferienhaus von Arthur wohnen dürfen, wenn wir in Katoomba in den Blue Mountains sind.

Am nächsten Tag wird mal wieder das Moped gepackt, Kev dreht mit Andrew und den Kindern im Beiwagen eine Runde, Abschiedsphotos werden gemacht (aber wir kommen ja wieder) und dann wühlen wir uns mitten durch Sydney und am anderen Ende wieder heraus. Das ist zwar verzwickter, als wir es uns vorgestellt haben, am Ende kommen wir aber irgendwann in Woy Woy an und finden auch nach einigem Suchen Karins Adresse, wenn es auch nun schon recht spät geworden ist. Es gibt ein überschwängliches Wiedersehen mit Motofotofrank und Karin ist uns auf Anhieb sympathisch.

Zu Kevins Geburtstag am nächsten Tag machen wir einen kleinen Ausflug in die nähere Umgebung. An der Copacabana (!) gönnen wir uns ein Bier zur Feier des Tages und ich beschließe, dass man für eine Weltreise eigentlich nur nach Australien fahren braucht – hier gibt es fast jede Stadt aus GB und Irland (mindestens einmal), den Hartz, Texas, Denmark, Bornholm, Roma – sogar North Star…, dann Orte wie Desolation Bay oder Detention Point, Mount Remarkable, Fryingpan Creek, Banana,  wir waren sogar in Seldom Seen…. und zur Krönung Namen wie Woodenbong, Tucka Tucka, Humptybung, Wogga Wogga, Manjimup …..ich könnte Seiten füllen  (Buggarup und Coudyabringabeeralong  haben wir zwar nicht gesehen, aber möglich wär es).

Aus dem geplanten gemeinsamen Wochenende werden zum Schluss 4 Tage, in denen wir uns die Gegend zusammen anschauen, schwimmen gehen, Karin mit Anekdoten unserer Fahrt von Darwin nach Melbourne langweilen und/oder amüsieren. Von 5 bis 7 ist Happy Hour im Woy Woy Hotel, wo wir uns öfter ein/zwei Bierchen zum Schnäppchenpreis gönnen, aber dann müssen wir doch so langsam weiter.

Es zieht uns in die Blue Mountains. Eigentlich wollen wir uns einen Campingplatz suchen, aber dann stellen wir fest, dass es gar nicht so weit bis Katoomba ist und kurzentschlossen kontaktieren wir Arthur und fragen, ob es recht ist, wenn wir dort heute ankommen. Da wir kein Handy besitzen ist es etwas schwierig, aber vor Ort haben wir dann genügend Internetverbindung und rufen ihn kurzentschlossen über Skype an. Wir dürfen und Arthur will erst am Wochenende mit einer Gruppe, die er zum Schluchten klettern bringt herkommen. Wir haben nun für 3 Tage eine sturmfreie Bude. Zum ersten Mal seit …?.... ich weis nicht wann, ein ganzes Haus für uns allein! Manchmal merkt man erst wenn man es hat, was man vermisst: Privatsphäre, in der Unterwäsche rumlaufen, niemanden stören, oder gestört werden, eine Küche mit Herd und dann noch ein Bett! Die Gegend ist zwar voller Touristen (mit dem Rattenschwanz an entsprechenden Läden und Preisen), aber sie ist wunderschön. Die Blue Mountains mit ihren tiefen Schluchten, Felsformationen, Wasserfällen und eben den vielen verschiedenen Blautönen, die durch Millionen von Eukalyptusbäumen verursacht werden sind schon einmalig. Tagsüber machen wir Ausflüge und Wanderungen, abends hocken wir mit einem leckeren Mahl und einem Becher Rotwein in Arthurs Haus und genießen den Sonnenuntergang, der in der Ferne die blauen Bergkuppen rot färbt und genießen es, für 3 Tage ein Heim zu haben, das nicht 3 Räder hat, oder aus dünnen Stoffbahnen besteht.

Spät am Freitagabend, kommt Arthur mit seiner Truppe an. 2 völlig gestresste junge Frauen bilden die Vorhut – sie haben kaum Zeit, um hallo zu sagen und machen sich sofort geschäftig daran, uns aus dem Weg zu schieben, damit sie schlafen gehen können. Auch die Männer trudeln etwas später ein, aber da anscheinend alle nur ins Bett wollen damit sie wenigstens vor dem anstrengenden Wochenendprogramm noch eine Mütze Schlaf bekommen, ziehen auch wir uns nach einer kurzen Begrüßung schnell zurück. Schon früh am Morgen hören wir wie sie sich auf den Weg machen und obwohl ich ursprünglich endtäuscht war, dass wir zu unfit sind, um uns der Truppe zum canyoning anzuschließen bin ich nun froh, dass wir ihnen nicht zu ihrem „Wochenendvergnügen“ hinterher hetzen. Stattdessen brutzeln wir uns in Ruhe Speck mit Eiern, bevor auch wir uns wieder auf die Räder machen.

 Die Landschaft ist erst Mal nicht sehr abwechslungsreich und ich habe nicht viel zu tun, denn ich muss nicht unbedingt navigieren und zu knipsen gibt es auch nicht viel, also kann ich meinen Gedanken freien Lauf lassen und darüber sinnieren, dass wir in den ganzen asiatischen Ländern eigentlich nie gestresste Menschen getroffen haben. Es gab viel Armut aber trotzdem waren die Leute fröhlicher – zumindest scheinbar. In den sogenannten entwickelten Ländern sind die Menschen definitiv nicht glücklicher, obwohl sie alles haben, was man zum Leben braucht …. und mehr.

Eigentlich wollen wir heute ca. 350 km bis in einen Nationalpark fahren, aber dann kommen wir so gegen 3 in Hill End an, einer Kleinstadt, die vor 150 Jahren Schauplatz des größten Goldfundes aller Zeiten (ein Nugget mit einem Goldgehalt von 57 (!) kg) war. Dies löste einen Goldrausch aus und das Dorf wuchs innerhalb kürzester Zeit von 150 auf 8000 Einwohner, die in den nächsten Jahren die gesamte Umgebung umgruben. Heute ist Hill End wieder ein 150 Seelen Dorf, aber man hat sich wirklich Mühe gegeben, die alten Häuser zu erhalten und natürlich halten wir uns endlos damit auf, alles anzuschauen und so vergeht der Tag im Fluge und wir beschließen, uns hier einen Campingplatz zu suchen, damit wir dann morgen früh noch die Schürfgräben und Tunnel anschauen können.

Wir haben Glück und finden einen wirklich schönen Platz im Busch mit einfachen Plumpsklos und einem  Wassertank – na was will man mehr? Vielleicht Strom, denn der Computer müsste eigentlich zum Navigieren aufgeladen werden, aber da wir hier fast nichts zahlen müssen und dafür in der Natur sind, ist es uns so lieber, wir haben ja im Moment auch keine Termine und müssen nicht an einem bestimmten Tag an einem bestimmten Ort sein. Das Navigieren können wir darauf beschränken, einen Nationalpark und/oder Campingplatz zu finden wenn wir abends meinen, dass wir bald anhalten sollten. Immer wieder drängt sich uns der Gedanke auf, dass wir nie wieder im Leben eine solche Freiheit haben werden und so geben wir uns Mühe, sie jetzt wirklich zu genießen.

Ich zaubere uns ein lecker Chilli Con Carne auf dem Campingkocher und wir haben sogar noch etwas Rotwein. Die Kakadus und andere Papageien bilden das Rahmenkonzert …. herrlich!

Unser Motorrad hat uns jetzt schon 4 Wochen nicht mehr im Stich gelassen, es tropft ein wenig Öl aus dem Getriebe und der rechte Zylinder klingt merkwürdig, aber solange sie anspringt wollen wir mal schön die Luft anhalten und uns nicht über solche  Details aufregen (sagt Kevin).

Am nächsten Morgen sind wir schon früh wach – beim Zelten geht man ja mit den Kakadus ins Bett und steht auch wieder mit ihnen auf und so sind wir bald unterwegs, wir wollen uns noch ein Goldgräberfeld anschauen, das an unserem Weg liegt, den golden Gully und dort haben wir sogar das Glück, moderne Goldsucher bei der Arbeit zu sehen, aber so richtig ergiebig scheint es dann doch nicht mehr zu sein, auch wenn einer der Beiden davon träumt, sich in 5 Jahren mit den Früchten seiner Arbeit hier zur Ruhe setzen zu können – na ja, wenn wir uns allerdings so seine Tagesausbeute anschauen, kommen uns so unsere Zweifel und dann muss man ja auch noch bedenken, dass es eigentlich nicht mehr erlaubt ist, hier zu schürfen und er sich eine kräftige Strafe einhandelt, wenn er dabei erwischt wird – wir sehen also davon ab unsere Reisekasse auf diese beschwerliche Art aufzufüllen…stattdessen schauen wir uns noch ein wenig um und machen ein paar Bilder. Der Graben mit dem gelben Sandstein sieht aber auch wirklich im Sonnenlicht aus, als ob er aus Gold bestünde.

Heute schaffen wir dann unser Etappenziel von Gestern und finden einen weiteren schönen Nationalpark, sogar mit völlig kostenlosem Campingplatz. Er ist ziemlich einsam gelegen und außer  einem Plumpsklo gibt es weiter nichts, dafür ist aber auch außer uns nur noch ein Holländer hier, der in den 50er Jahren als Kind mit seinen Eltern eingewandert ist. Wir unterhalten uns recht angeregt mit ihm und er bestätigt unseren Eindruck, dass Australien sich sehr verändert hat und heute ziemlich überreguliert ist – auch er findet, dass man in diesem Land doch reichlich übertreibt, was Vorschriften und „Health and Safety“ Regeln anbelangt,  die haben Deutschland definitiv in dieser Hinsicht bei weitem überholt.

Nächste Station entlang unseres Weges ist der Warrumbungle Nationalpark, also nicht viel weiter, als 100 km, das schaffen wir leicht.

Die Warrumbungles sind wirklich sehenswert, es gibt die merkwürdigsten Felsformationen, vulkanischen Ursprungs und der Campingplatz ist für unsere Verhältnisse luxuriös, es gibt sogar Steckdosen und wir nutzen natürlich die Gelegenheit, alles was wir haben aufzuladen und machen auch noch eine kleine Wanderung.

Wir gönnen uns 2 Nächte hier, dann soll es weitergehen. Mal wieder – oder besser wie immer - kommen wir morgens ins Schwatzen, dann brauchen wir noch einen Geldautomaten und ein paar Vorräte. Außerdem muss Kev dauernd für Fotos anhalten, denn hier gibt es unglaublich viele wirklich witzige und originelle Briefkästen …. Jedenfalls ist es schon Nachmittag, als wir endlich aus dem Tal und dann auf dem Highway in nördlicher Richtung sind. Unser Motorrad klingt furchtbar – ich mache mir so langsam Sorgen, aber wie üblich, mein Göttergatte winkt ab und meint – alles ist gut.

Nach ca. 50 km fängt Liza dann aber an zu ruckeln und Spucken und wird immer langsamer, so dass wir schließlich anhalten, den die Geräusche sind furchteinflößend. Kevin tippt auf Elektrik, aber das macht keinen Sinn und außerdem warum dann die furchtbaren Geräusche?

Mal wieder – wenn auch  nach ungewöhnlich langer Zeit müssen wir alles Gepäck abnehmen, Kev besteht darauf, den Tank abzunehmen und die Kabel zu prüfen während ich mir einen unserer Stühle raushole und mit dem Studium des Werkstatthandbuchs beginne.

Aus einer spontanen Eingebung heraus (kabelmäßig ist Nichts zu finden) sage ich, lass uns mal die Zündkerzen überprüfen und tatsächlich, die rechte Seite ist völlig verrußt. Der Motor ist zu heiß, um die Ventildeckel abzunehmen, also ziehen wir uns in den Schatten zurück und warten. Der Schwerlastverkehr, hunderte von klimatisierten SUV’s und sogar ein paar Motorräder rauschen nur so an uns vorbei. Keiner kommt auf die Idee, mal anzuhalten. Vom  Luftzug eines Lasters wird mir das Werkstatthandbuch regelrecht aus der Hand gerissen und dem Motorradfahrer, der freundlich hupt würde ich am liebsten was hinterherwerfen. Nach 2 Stunden fruchtlosen Wartens sinkt die Sonne wenigstens genug, dass wir etwas mehr Schatten haben und wir freuen uns, das wir kalten Pfefferminztee dabei haben, der uns wenigstens etwas erfrischt.

Endlich können wir am Motor schrauben und als der rechte Zylinderdeckel ab ist, wird die Ursache allen Übels so deutlich, dass sogar wir es sehen können. Die Mutter am Motorbolzen, die den Kipphebel am Auslassventil festhält ist ab. Wir schrauben sie wieder fest und mangels Drehmomentschlüssel muss das nach Gefühl geschehen. Das Einstellen der Ventile ist nun allerdings etwas kniffliger, denn unsere Taschenlampe ist nicht die Hellste und es braucht jedesmal eine Weile, bis wir endlich OT auf der richtigen Seite gefunden haben…. Danach ist alles recht einfach und beim Probelauf kling der Motor so gut wie schon eine ganze Weile nicht mehr.

Nun wird es allerdings auch schon dunkel. Zum Glück habe ich den Computer zum Laufen gebracht (der spinnt in den letzten Tagen auch) und finde einen Campingplatz in ca. 20 km. Wir müssen zwar die ganze Strecke über eine sehr ausgewaschene Buschstraße holpern (hoffentlich regnet es heute Nacht nicht, sonst haben wir morgen ziemliche Probleme, hier wieder rauszukommen), dann werden wir allerdings mit einem superschönen Rastplatz mit überdachten Bänken, einem  Gasgrill, einer Toilette, mehreren (vollen) Wassertanks und wunderschöner Natur belohnt – das Beste ist, wir sind im Umkreis von vielen Kilometern die einzigen menschlichen Seelen hier.

Schnell bauen wir unser Zelt auf und dann haben wir gerade noch Zeit, um auf den riesigen Feuerwachturm zu klettern und von hoch oben über scheinbar endlosen Wald den Sonnenuntergang zu bewundern.

Am nächsten Morgen sind wir ausnahmsweise mal früh unterwegs, es hat nicht geregnet und so kommen wir Problemlos zum Highway zurück, nutzen aber die erste Gelegenheit, um wieder ruhige Nebenstrecken zu finden. Liza läuft gut, wenn auch die Ventile schon wieder leicht klappern.

Auf dem Parkplatz zu einem Aussichtspunkt treffen wir dann zum ersten Mal seit einer sehr langen Zeit (Frank außer Acht gelassen) auf 2 KTMs mit deutschen Nummernschildern. Ein badenwürthenbergisches Ehepaar gehört dazu, das 7 Monate lang mit den Geländemaschinen durch Australien reist. Wir unterhalten uns natürlich eine Weile, kommen aber nie dazu, uns vorzustellen. Schon merkwürdig, da trifft man sich am anderen Ende der Welt und weis am Schluss noch nicht mal, einen Namen. Allerdings hat der männliche Teil des Paares auch eher wenig Verständnis, für unsere Art,  zu reisen und dann mosert auch noch über unser HU-Gespann: „Die ist viel zu schwer!“ Und dann auch noch so vollgepackt, wer braucht denn Tisch und Stühle, dafür können wir doch die Boxen benutzen……  ! Na ja – wir sind froh, das unsere Liza so stabil ist, sonst wären wir bestimmt nicht so weit gekommen und unseren Tisch und Stühle mögen wir auch.

Jedenfalls sorgt das Gespräch, bei dem wir, unser Gefährt und unsere Art zu reisen mit einem „Na ja, es ist ja gut so, dass jeder auf seine eigene Weise unterwegs ist“, mehr oder weniger unterschwellig von den Badensern abgekanzelt werden dafür das wir eh wenig Lust darauf haben, die Bekanntschaft weiter zu vertiefen….und nachdem wir uns dann noch ein paar Tiraden über Aborigines anhören müssen (die offensichtlich noch mehr in Ungnade gefallen sind) sind wir froh, wieder unserer Wege zu ziehen.

 Abends kommen wir dann in Schwulitäten, denn wir können einfach kein Wasser finden um unseren Kanister zu füllen und wegen dem Osterreiseverkehr ist es außerdem schwer, ein Plätzchen für unser Zelt zu finden, denn alle kostenlosen Orte die dafür in Frage kämen sind schon von einheimischen Feiertagsausflüglern überlaufen. Am Ende beißen wir in den sauren Apfel und bezahlen für eine Nacht auf einem normalen Campingplatz, wo wir zwischen den brummenden Generatoren und dem dauernden Geräuschpegel für dieses zweifelhafte Vergnügen auch noch mit unserem Schlaf bezahlen müssen.

Wir sind nun auf dem sogenannten Waterfallway, der in Richtung Küste und Coffs Harbour führt. Eigentlich haben wir uns auf ein paar Stopps bei schönen Wasserfällen gefreut und wollen uns Cathedral Rock anschauen, aber der Himmel hat seine Schleusen geöffnet und anstatt Bilder von Felsen zu machen, an denen eine definierte Menge Wasser auf malerische Art ins Tal  fällt, hauts die Brühe den ganzen Weg entlang auf uns nieder. Wir sind so nass, als hätten wir mit voller Montur unter jedem Wasserfall gestanden, nach Fotos knipsen ist uns nicht zumute (man kann ja eh nichts sehen) und so ziehen wir den Kopf ein, ignorieren das klamme Gefühl und versuchen so schnell wie möglich nach Coffs Harbour und damit zu einem Bekannten (den wir in Dilli kennengelernt haben) und ins Trockene zu kommen.

Wir verbringen die ganzen Osterfeiertage bei Pete und haben dabei jede Menge Spaß und auch viel zu erzählen, denn es ist ja nun schon ein halbes Jahr her, dass wir uns das letzte Mal gesehen haben.

Für ganze 2 Tage schüttet es ununterbrochen bis man endlich Mal wieder aus dem Haus gehen kann.

Coffs Harbour ist für seinen Surfstrand berühmt und da hier viele Bananenplantagen sind gibt es noch die „Big Banana“ , eine überdimensionierte Plastikbanane, die uns nicht sonderlich beeindruckt…. Australier mögen riesige Plastikskulpturen, es gibt den Big Lobster (Hummer), das Big Roo, Big Pineapple u.v.m. – tja wenn’s halt so schee is…

Eigentlich wollten wir Dienstag schon weiterfahren, aber Peter überredet uns zu einem zusätzlichen Tag, dann müssen wir aber los, denn wir haben noch eine Verabredung diese Woche ….in Queensland. Vor fast 1 ½ Jahren haben wir Mark und Cathy in Kambodscha getroffen und das eigentlich auch nur kurz, denn Mark hat hier von unserem Motorrad eine Skizze gemacht, bevor die beiden weiterfuhren, aber sie haben uns eingeladen und so haben wir uns dann auch vor einer Weile bei ihnen gemeldet, um zu fragen, ob die Einladung noch steht – tja, sie tut’s und da Rose  Krankenschwester ist, aber diese Woche Urlaub hat, möchten wir das natürlich gerne ausnutzen, um etwas Zeit mit Beiden verbringen zu können!

Mark und Cathy leben nicht weit von der Grenze zwischen Queensland und NSW, auf der westlichen Seite der Great Dividing Range in einer ländlichen Gegend, wo der nächste Nachbar mit dem Auto besucht wird, und der nächste Laden 30 km entfernt ist. Unser Navi findet zwar die Straße und auch so ungefähr die richtige Gegend, in der das Haus der Beiden sein muss, aber da wo die Zielflagge steckt, ist weder ein Gebäude, noch eine Einfahrt. Wir beschließen, die nächste Abzweigung, die zu einem Haus führt zu nehmen und zu fragen – hier muss doch jeder jeden kennen!

Eine Frau steht im Garten und winkt uns fröhlich zu – sofort meint sie: „ihr müsst Cathy und Marks Freunde sein, wollt ihr reinkommen, ich bin Cathy’s Mutter.“ Na da haben wir aber mal wieder Glück gehabt und wären wir nur ca 3 km weitergefahren, hätten wir die richtige Einfahrt sogar selbst gefunden, denn kann man  in großen Lettern lesen, wer hier wohnt.

Die Beiden haben ihr Haus selbst entworfen und gebaut und zwar überwiegend aus gebrauchten Materialien. Es besteht aus zwei separaten Hexagons, die mit einem Dach und einer gemeinsamen Veranda verbunden sind von der man eine super Aussicht, auf entfernte Berge und Täler hat.

Wir werden so herzlich empfangen, als ob wir alte Freunde wären und nicht eine einstündige Urlaubsbekanntschaft von anno toback.

Die erste Frage ist:“ Wie lange bleibt ihr“, aber nicht, weil man uns gleich wieder loswerden will, sondern um zu schauen, ob wir besser im Gästezimmer oder im Schuppen untergebracht werden sollten. Vorsichtig frage ich, ob es recht wäre, wenn wir ein wenig länger bleiben, denn ich habe die Möglichkeit, evtl. 3 Reiseberichte in verschiedenen Motorradmagazinen unterzubringen und bräuchte dafür etwas Zeit und Luft zum Schreiben, gerne hätten wir ja versucht in dieser Gegend einen Obstpflückerjob zu finden, aber leider sind wir für ein Arbeitsvisum zu alt …..

Sofort wird beschlossen, dass wir im Schuppen wohnen dürfen. Unser kleines Haus besteht aus einem Raum, aber mit allem, was man braucht und hat sogar ein eigenes Klohäuschen – wir sind völlig hin und weg! Es gibt ca. 20 Hühner und 2 Gänse, die hier glücklich leben, einen Garten und jede Menge Platz.

Mark ist dabei, das Dach in einem Hausteil zu dämmen und dann mit Wellblech zu verkleiden und Kev ist gleich in seinem Element – da kann er helfen.

Wir bleiben hier ganze 12 Tage und fühlen uns wie zu Hause in der kleinen Hütte, die so richtig kuschelig ist. Wir lernen Freunde und Familie der Beiden kennen, ich begleite Cathy zu ihren Stretchingkursen, schaffe es, 3 Artikel (2 in deutsch, 1 in englisch) zu schreiben und die Bilder dafür zu sortieren (das klingt nach wenig Arbeit, aber allein für den Artikel über Vietnam muss ich mich durch ungefähr 6000 Bilder arbeiten) und die beiden Männer werden mit einer Haushälfte fast fertig.

Es ist so schön hier, wir könnten ewig bleiben, aber wir haben noch mindestens 5000 km zu fahren und wollen noch soo viel sehen, da müssen wir uns schon weiterprügeln – der letzte Monat ist weitestgehen für das organisieren der Verschiffung unseres Motorrads, Wartungsarbeiten und Papierkram reserviert.

Vorher allerdings soll es noch mal eine Familienfeier geben. Cathy und ich zaubern einen ganzen Tag lang in der Küche, ich möchte zu gerne ein wenig mit deutschem Essen angeben. Als wir für die Zutaten in die Stadt fahren kauft Cathy unerwartet ein neues Kindle ebook für uns – ich hatte ihr erzählt, dass unseres schon lange ein Opfer der schlechten Straßen in Russland geworden ist. Ich bin fassungslos. Cathy fragt dann auch noch, womit sie Kev ein Freude machen könnte, aber ich sage ihr, dass der Kindle genug für uns Beide ist (ich schaffe es nicht, sie vom Kauf abzubringen), was ja auch stimmt, denn auch er liest dauernd.

Am  letzten Morgen, bevor wir losfahren kommt Kevin dann doch noch dazu, den Beiden eine Testfahrt im Beiwagen angedeihen zu lassen, mit dem Resultat, das Mark meint: “na da weis ich ja schon, wo meine Einnahmen vom Heumachen dieses Jahr hingehen!“

Der Abschied von diesen wunderbaren Menschen fällt uns sehr schwer und dann drückt Cathy mir beim losfahren einen Umschlag in die Hand, mit den Worten, es sei nur eine Abschiedskarte und wir sollen sie später öffnen…..am Abend auf dem Campingplatz lesen wir die herzlichen Worte unserer neuen Freunde und dann hat diese dickköpfige Frau uns auch noch Geld in den Umschlag gesteckt! Wieder kullern die Tränen, es ist einfach unfassbar, wie viel Hilfe und Freundlichkeit wir erfahren dürfen.