Tasmanien
18.12.2014 bis 06.01.2015
Ich hasse Schiffe… das Schaukeln und die Aussicht auf eine lange Überfahrt über die Bass Straße von Melbourne nach Devonport bringt zudem Befürchtungen mit sich, die mit Erinnerungen an schottische Fähren zu tun haben, wo ich stundenlang würgend über der Keramikschüssel verbrachte, denn diese Strecke ist dafür bekannt, dass sie extrem ungemütlich sein kann. Da wir schon so viel für die Überfahrt unseres Motorrades ausgeben mussten haben wir natürlich was uns anging gespart und sitzen in unbequemen Liegestühlen anstatt eine Kabine mit Bett zu buchen. Zum Glück habe ich mir 2 Tabletten gegen Seekrankheit eingepfiffen und schlafe wie ein Engel während Kevin versucht eine bequeme Position auf seinem Stuhl zu finden, denn er lässt sich nicht mehr zurücklehnen.
Es wird gerade hell, als wir ankommen (meine Gebete wurden erhört, die Überfahrt war ruhig) und obwohl es noch einige Tage bis Weihnachten sind beschließen wir keine Umwege zu machen und sofort zu Paul und Kerry am anderen Ende der Insel zu fahren.
Unser Moped erwartet uns schon auf dem Parkplatz, denn wir als Fußpassagiere durften das Schiff als letztes verlassen und wir packen uns denn auch gleich in die volle Montur – es ist hier wesentlich frischer, als in Melbourne und folgen dann Wayne durch den Kontrollposten wo Fahrzeuge nach unerlaubten Mitbringseln wie Obst, Gemüse, Honig etc. durchsucht werden – man ist hier fast noch strenger und gründlicher als an den anderen innerstaatlichen Kontrollstellen. Wayne ist hier bekannt und so werden wir nur freundlich durch gewunken und schon bald sind wir auf dem Highway one, der uns auf direktem Weg nach Hobart bringen wird.
Es ist recht kühl und der Himmel bewölkt, manchmal nieselt es auch und die Landschaft sowie die kleinen Orte, durch die wir kommen erinnern uns noch mehr an „Good old Britain“ als alles, was wir bisher von Australien gesehen haben – der Baustil, die Kirchen, die Rosenbeete, Bowling Greens, die englischen Rasen, Reklameschilder, Ortsnamen, Landschaft, Kuh- und Schafherden ….. einfach alles.
Wir halten in einer Kleinstadt und gönnen uns die dicksten Vanillaslices des Empire zum Frühstück.
Tasmanien ist mehr als doppelt so groß wie Belgien und die Strecke bis zu Paul und Kerry etwas über 300 km, aber dank des gut ausgebauten Highways, auf dem so gut wie kein Verkehr herrscht sind wir trotz Pausen schon mittags da und mein Navi führt uns zwar nicht auf schnellstem, dafür aber auf direktestem Weg zum Haus unserer Freunde, die etwas 30 km entfernt mitten im Wald leben.
Wir werden schon erwartet und mit offenen Armen und Jubel empfangen – was soll ich sagen, es fühlt sich an, wie nach Hause kommen.
Wir sind nun schon so lange unterwegs, aber zum ersten Mal seit wir unser zu Hause verlassen haben sind wir bei Freunden – Menschen, die auch unser zu Hause kennen und sich dort wohlgefühlt haben
Es ist ein wundervoller Ort - oder wie soll man sonst ein Haus mit einer Motorrädern im Wohnzimmer und einem Riesengarten voller Wallabies nennen?
Nach 3 Monaten ununterbrochenem fahren, erst die Westküste hinunter und dann quer durch den Süden dieses riesigen Kontinents, ist es großartig, endlich an einem Ort zu sein, wo wir eine Pause machen können und mal so richtig Luft holen…… entspannen ist allerdings erst Mal nicht im Angebot. Kerry macht mir ganz schön Dampf, damit ich endlich unseren Blog auf dem neuesten Stand bekomme...... und irgendwie ist es ziemlich schwer, den Teil von Bali nach Timor-Leste zu schreiben. Ich kann nicht sagen, warum - außer es wird von Tag zu Tag immer schwieriger. Wahrscheinlich, weil es so lange her und seitdem so viel passiert ist, dass ich Probleme habe, alles zu Papier zu bringen. Wenn wir unterwegs sind ist es oft fast unmöglich, sich hinzusetzen um am Blog zu arbeiten und manchmal bleibt noch nicht einmal die Zeit fürs Tagebuch. Wir fahren fast jeden Tag und hier in Australien haben wir die meisten Nächte in einem Zelt mitten im Busch verbracht, so dass wir, um die Batterien zu schonen so wenig wie möglich am Computer gemacht haben ... .. Kerry hat sich zum Ziel gesetzt, dass wir mit allem auf dem neuesten Stand sind und alle Formalitäten geregelt haben wenn wir diesen Ort verlassen. Keine leichte Aufgabe - es hat sich einiges angesammelt: Kevin braucht Blutdrucktabletten, unser Carnet und auch die Versicherung fürs Motorrad müssen verlängert werden, wir brauchen Ersatzteile und fast alles, was wir mit uns herumschleppen fällt langsam aber sicher auseinander. Außerdem gibt es noch so einiges, was am Motorrad repariert werden muss. Die Beiden haben obendrein auch noch ein recht reges gesellschaftliches Leben und da Paul immer lange auf dem Schiff unterwegs ist sammelt sich auch hier vieles an, was erledigt werden muss bevor er wieder in Richtung Antarktis schippert.
Nachdem also erst Mal die Lage begutachtet und ein Schlachtplan entworfen wird, was wann und wie erledigt werden kann hocke ich in jeder freien Minute am Computer und Kev freut sich, dass er Paul beim Restaurieren eines alten Wohnwagens helfen kann.
Natürlich ist nicht alles nur Arbeit – zwischendurch machen wir jede Menge Ausflüge – nach Hobart auf den Wochenmarkt zum Beispiel…..
Was für ein Unterschied zu heimatlichen Märkten kurz vor Weihnachten! Auch wenn Kerry sich beschwert, dass alles überlaufen und voller Touristen ist – für uns ist es angenehm entspannt und so gar nicht wie ein Markt kurz vor den weihnachtlichen Feiertagen. Es gibt überall Parkplätze und nicht das kleinste bisschen Gedrängel – nur Bing Crosby’s dreaming of a white Christmas dudelt auch hier…
Überhaupt ist Hobart uns vom ersten Moment an sympathisch. Es gibt fast keine Hochhäuser und die Stadt schmiegt sich an und um die Hügel und das Hafenbecken. Es gibt viele kleine Läden, alte Gebäude und natürlich Geschichte. Die beginnt hier zwar erst Ende des 18. Jahrhunderts (jetzt lassen wir mal kurz die fast 40000 Jahre alte Geschichte der Ureinwohner außen vor), ist aber sehr intensiv und überall zu spüren.
Abel Tasman war der erste Europäer, der in 1642 die Insel entdeckte, ein holländischer Seemann und Forscher, der für die Ostindienkompanie neue Seerouten erforschte und der Insel ursprünglich den Namen Van Diemens Land gab ( 1856 wurde der Name offiziell zu seinen Ehren geändert). 130 Jahre später erst kamen die Engländer hier an und ab 1803 besiedelten sie das Land – überwiegend mit Deportierten Strafgefangenen und ihren Bewachern, die auf der Insel für landwirtschaftliche und industrielle Entwicklung sorgen sollten. Eine begehrte Wahre aus diesem Land war das Holz der Huon-Kiefer, ein Baum, der nur in Tasmanien wächst und das sehr langsam. Einige Exemplare sind bis zu 2000 Jahre alt, das Holz ist mit Ölen getränkt, die ihm eine honiggelbe Farbe und sehr feine Maserung verleihen und dafür sorgen, das es kein Wasser aufnimmt und deshalb nicht verrottet – diese Eigenschaften sind ideal für den Schiffsbau – die Seefahrernation hatte unbegrenzte Verwendung für dieses Holz. Überall in Hobart findet man Monumente aus der Vergangenheit als Strafkolonie, aber auch liebevolle Mementos der jüngeren Geschichte wie zum Beispiel die detailgenaue Kopie von Mawsons Hütte am Südpol (einer der bedeutenden Forscher neben Amundsen) sind zu finden – alles in allem eine der nettesten Städte die wir beiden Landeier kennenlernen durften.
Am nächsten Tag steht eine Ausfahrt mit anschließendem Grillen des Britisch Bike Clubs an. Man trifft sich im Hobart und von dort geht es hoch auf den Mount Wellington, wo wir eine unglaubliche Aussicht auf die Stadt, das Meer und die Insel Bruny bestaunen. Dann fahren die Meisten zu einem der Clubmitglieder, wo für das leibliche Wohl gesorgt ist und natürlich jede Menge Benzingespräche stattfinden … auch wir und Liza werden gebührend bestaunt und wir haben die Ehre, Stan Dibben und seinen Sohn Mark kennenzulernen. Stan ist ein besonderer Mensch – mit einem langen und bestaunenswerten Leben – er war unter anderem Gespannweltmeister in dem Jahr, in dem Kevin geboren wurde …..
Wir beenden den Tag im Pub um die Ecke, wo wir gerade noch eine halbe Stunde vom Auftritt einer Raggaeband mitbekommen und dies mit ein paar Cider im strahlenden Sonnenschein genießen – was für ein Tag.
Die letzten paar Tage vor Weihnachten verlaufen relativ ruhig, wir schaffen es mit Tom und Abby Kontakt aufzunehmen, mit den Beiden haben wir eine wunderschöne Zeit in der Mongolei verbracht, bevor wir in Richtung Süden und sie nach Norden weiterfuhren. Tom und Abby haben ihre Reise nach London fortgesetzt und sich nach einem weiteren Abstecher in Abbys Heimat (Kanada) am Ende hier in Hobart niedergelassen. Wir freuen uns, als Kerry die Beiden zu einem gemütlichen Grillabend einlädt und wir gemeinsam in Erinnerungen schwelgen können und die Restauration von Dolly, dem Wohnwagen macht Fortschritte – ebenso mein Blog, an dem ich nun mit Eifer und Kerrys Peitsche im Rücken arbeite.
An Heiligabend hat Kev einen Termin bei Pauls Hausarzt, der ihm dazu verhilft, seinen Vorrat an Blutdrucktabletten für ein halbes Jahr aufzustocken, dann machen wir einen Abstecher zu Ken. Er ist ebenfalls Mitglied des British Motorcycle Club und restauriert mit Begeisterung und Liebe zum Detail alte Motorräder und Autos – was für eine Fundgrube an Oldtimern – alles, was restauriert ist, ist auch komplett funktionstüchtig und wir bestaunen auch ein paar neue Projekte, die wenn Ken seine fachkundige Arbeit an ihnen beendet hat wie neu sein werden. Es ist offensichtlich, wie sehr Ken sein Hobby liebt während er uns herumführt und all unsere Fragen beantwortet. Wir treffen hier auch wieder auf Stan und Mark Dibben, die ebenso erfreut über dieses Treffen zu sein scheinen, wie wir es sind und zum Abschied lädt Mark uns zu sich nach Hause ein, wenn wir mal eine Verschnaufpause von all unseren Besorgungen, Besichtigungen und Schreibarbeiten machen wollen.
Auf dem Rückweg halten wir noch beim Automobilclub in Hobart, wo wir uns wegen der Verlängerung unseres Carnets informieren. Die zuständige junge Dame hat so etwas zwar noch nie gemacht, setzt aber alle Hebel in Bewegung, um uns zu helfen und nach ein paar Telefonaten wissen wir immerhin, wie alles zu funktionieren hat, sie kopiert alle Unterlagen, die wir zur Verfügung haben und verspricht alles in die erforderlichen Wege zu leiten – allerdings hat die Dame vom Dachverband des AAA (Australian Automobil Association) bis zum 5. Januar Urlaub – danach sollte jedoch genügend Zeit zur Verfügung stehen, dass wir pünktlich zum Ablauf der alten Zollpapiere und nahtlos weiterhin mit unserer Liza im Land bleiben können.
Auf dem Rückweg machen wir noch die letzten Einkäufe für die morgige Weihnachtsfeier und ich staune noch einmal, wie ruhig und entspannt der vorweihnachtliche Konsumstress hier abläuft: es gibt Parkplätze vorm Supermarkt, die Regale sind noch nicht leer, es gibt Einkaufswagen und an keiner Kasse lange Schlangen, dabei sind noch nicht einmal alle Kassen geöffnet! Wahnsinn!!
Dann müssen wir uns aber sputen, denn es gibt noch so Einiges, was wir für die vorbereiten müssen.
Paul und Kev machen sich daran, das Wohnzimmer auszuräumen und bringen genügend Tische und Stühle für alle während Kerry und ich schon Mal mit dem Kochen anfangen – ich möchte Frikadellen und Käsehäppchen für die Party beisteuern, Kerry kocht 2 verschiedene Gerichte plus ein Dessert plus eine alkoholfreie Bowle, ist an allen Ecken des Hauses zu finden und verteilt die Jobs, überwacht deren korrekte Ausführung und sucht die Deko zusammen. Zwischenzeitlich findet sie noch Zeit, sich um Wesley – den recht alten Hund und seine Wehwehchen zu kümmern und außerdem noch alles fotografisch festzuhalten – während ich schon allein vom Zuschauen fix und fertig bin beklagt sie sich, dass sie dieses Jahr irgendwie nicht so recht in Form ist – hah – ein Glück, sonst würden wir sie wahrscheinlich im Zeitraffer an uns vorbeischießen sehen.
Nachdem meine Frikadellen fertig sind bekommen Kev und ich die Aufgabe, den alten staubigen Weihnachtsbaum zusammenzubauen – keine leichte Aufgabe, denn er hat jede Menge seiner Plastikäste verloren und wir geben unser Bestes, die Löcher mit Deko zu füllen – ich versuche ein weihnachtliches Gefühl heraufzubeschwören, aber auch wenn der Sommer hier in Tassie nicht wirklich immer warm ist (wenn keine Sonne scheint ist es manchmal so kalt und lausig wie zu Hause am anderen Ende der Welt wenn wir einen „Schmuddelwinter“ haben), kommt es nicht so recht auf. Ich frage mich, was ich denn unter Weihnachtsgefühl verstehe und beschließe, es muss wohl die Summe aus Vorweihnachtstress gepaart mit den Weihnachtsmärkten, den allgegenwärtigen Lichterdekorationen, dem täglichen Gedudel von George Michaels Last Christmas und dem gespannten Verfolgen des Wetterberichts in der Hoffnung auf ein weißes Weihnachten sein, die zumindest zum Teil diese Empfindung ausmacht.
Es ist wohl am ehesten mit einem Dampfkochtopf zu beschreiben: der Druck steigt ab Ende November von Tag zu Tag – angefangen mit den Einkäufen, dem Besorgen der Geschenke, dem Plätzchenbacken zum Advent…….. bis kurz vor dem Fest des Friedens der Druck so stark ist, dass er immer mal wieder in innerfamiliären Streitereien gipfelt – wenn dann endlich alle frisch gebadet unterm Weihnachtsbaum sitzen während der Rauch der angebrannten Schnitzel (die zum Schluss gegen Bockwürste ausgetauscht werden müssen) so langsam abzieht und die Spannung, ob sich auch jeder über sein Geschenk freut der Endtäuschung über das neue Bügeleisen weicht (dass man sich definitiv nicht gewünscht hat), ist es wie wenn das kalte Wasser über den Dampfkochtopf läuft und wenn man ihn dann endlich öffnet kommt nur noch ein leises „Pfft“ – dann kann man wieder lachen, zusammensitzen und zwei Tage lang schlemmen bis man fast platzt und sich schwören, dass nächstes Jahr alles anders wird.
……. und wenn dann alles anders ist, fragt man sich, was fehlt?!?
Auf jeden Fall die Familie, aber im Gegensatz zum letzten Weihnachtsfest in der Fremde sind wir diesmal bei Freunden, in einem Zuhause und wir bereiten eine Weihnachtsfeier vor, die zwar so ganz anders ist, aber ihre eigene Tradition hat….
Wir holen ein wenig deutsche Weihnacht nach Tasmanien und Paul und Kerry bekommen ihr kleines Geschenk, das wir für sie unterwegs besorgt haben und auch wir haben ein paar Päckchen auszupacken – Bente unsere liebe Freundin aus London zum Beispiel hat uns nicht vergessen und uns eine Karte und einen Kalender mit Bildern aus der Heimat geschickt und nachdem wir alles soweit hergerichtet haben verziehen wir uns in unser Schlafzimmer und Skype-sei-Dank rufen bei unserer deutschen Familie und Freunden an (die Engländer haben ja keinen Heiligabend und sind deshalb erst Morgen dran)….. es tut so gut, zu plauschen und irgendwie tut es auch gut, zu hören, dass auch wir vermisst werden.
Es ist schon irgendwie witzig – wir genießen jede Minute dieser Reise - ja – sogar die schlimmen (zumindest im Nachhinein) aber trotz all der wundervollen Erfahrungen und Orte, die wir sehen dürfen wissen wir, dass es uns wieder an unseren Anfangspunkt zurückziehen wird und zu unseren Familien und Freunden – wollen wir mal hoffen, dass sich dort bis dahin nicht so viel geändert hat, dass wir wieder in der Fremde landen!
Nachdem wir ja an Heiligabend schon so ziemlich das Meiste vorbereitet haben müssen wir für die Weihnachtsfeier nicht mehr allzu viel machen – der Morgen verläuft daher ruhig und wir müssen nur noch zusehen, dass wir entsprechend ausstaffiert sind. Was mich anbelangt ist das nicht schwer, denn ich habe mir in Asien ein paar grellbunte Kleider zugelegt, ein Lamettaband um die Stirn und fertig ist der Lack. Kev bekommt meine bunte 18 Loch Patchworkhose und mit einem Tuch um die Stirn sieht auch er entsprechend gut aus. Kerry hat in letzter Minute noch Mark und seinen Vater Stan eingeladen, denn alle, die zur Weihnachtsparty kommen sind laut Kerry Waisen, die sonst keine Familie in Tassie haben und / oder sonst nicht feiern würden. So kurz nach Mittag beginnen allen einzutrudeln und sie haben sich wirklich Mühe gegeben – aus der Flower Power Party ist ein Hippie-Christmas geworden und alle schauen aus, als wären sie auf dem Weg nach Woodstock und jeder bringt was Leckeres mit – Nur Mark und Stan haben ganz offensichtlich nichts im Haus, was für Flower Power durchgehen würde, macht aber nichts, wir behängen sie mit ein wenig Lametta und was sich sonst so findet. Es wird ein lustiger Nachmittag mit extrem viel lecker Essen – allerdings so gar nicht typisch Weihnacht – mehr international und bunt. Nach dem formellen Teil – Essen und Fotos – fallen dann irgendwann die Perücken und siehe da – fast alle haben graue, kurze Haare.
Geschmeckt hat es super, aber das Beste schlechthin ist eine Eisbombentorte. Serena erklärt mit einem Grinsen, dass sie nur kommen darf, wenn sie die Nachspeise mitbringt und alle anderen erklären einmütig, dass dies kein Witz ist.
Tja – ist australische Weihnacht nun traditionell untraditionell oder stimmt es einfach, was Kevins Sohn einmal über uns und unsere Freunde gesagt hat: „ irgendwie seid ihr und eure Freunde alle ein wenig verrückt“ – auf jeden Fall fühlen wir uns pudelwohl dabei!
Eine Sache ist allerdings genau so wie zu Hause – am Ende haben wir mehr als genug Essen übrig, um uns über die nächsten Tage nicht mehr mit Kochen beschäftigen zu müssen.
Der 2. Weihnachtsfeiertag ist hier kein besonderer Tag. Die Geschäfte haben wieder auf und Kerry, Paul und Kev widmen sich mit vereinten Kräften dem Fertigstellen des Wohnwagens, in den Familie Snelling mit ihren beiden Kindern heute eigentlich für eine Woche einziehen wollen. Die haben allerdings angerufen und ihre Ankunft verschieben müssen, denn die alle 4 haben sich einen Magen-Darm Virus eingefangen, damit fliegt es sich nicht so entspannt – somit bleibt nun genügend Zeit, um alles in Ruhe hinzubekommen und ich ….. sitze am Computer
Jetzt bin ich dabei die Übersetzung der 13 Seiten ich über den letzten Monat in Indonesien geschrieben und wie üblich dauert das seine Zeit. Ich brauche noch zwei Tage bis ich endlich alles auf der Webseite habe - einen für die Übersetzung (das kommt davon, wenn man zu viel schreibt und dann auch noch meint, man müsste dies in 2 Sprachen tun) und einen Weiteren für das Sortieren und beschriften der Bilder. Das Ganze hochladen und jetzt habe ich nur noch für Timor-Leste und fast 4 Monate in Australien das Gleiche zu tun .... hier habe ich allerdings einen Vorteil, auf Deutsch ist alles schon geschrieben und ich muss die Rohfassung nur ein wenig überarbeiten – fehlt „nur“ die Übersetzung und das Sortieren der Fotos…...
Kev widmet sich nun unserem Bike und jetzt hat er herausgefunden, dass die Lager im Beiwagenschwingarm völlig hinüber sind - und sie sind natürlich nichteinfache Standard-Lager, die man in jedem Laden bekommt sondern teure original BMW Teile – na super! Was wäre es wohl für ein Gefühl, wenn eines Tages alles in repariert und völlig in Ordnung wäre? Kev hat die Ventile eingestellt, Paul die Vergaser, der Zusatztank ist ausbebaut und wartet darauf, geschweißt zu werden und nun hat sich die einfache Aufgabe, die Seitenwagenbremse neu zu belegen in eine Komplettzerlegung der Schwinge ausgeweitet (neue Lager sollen über 200 Dollar kosten!!!) Ach ja und dann ist da noch ein Problem mit dem Gaszug – er rollt nicht zurück, was zur Folge hat, dass der Motor bei Standgas laut jault. Glücklicherweise stellt sich heraus, dass es am einem der beiden Gaszüge liegt und wenigstens hier haben wir welche im Ersatzteilfundus…..
Mindestens ist was den Wohnwagen anbelangt alles bereit - Kerrys Freunde haben angerufen und ihre Ankunft für Morgen angekündigt. Paul ist am putzen und Kerry dabei, die Gardinen aufzuhängen und die Betten zu machen - es sieht absolut Super aus - wenn Fam. Snelling lieber ein Bett hätte - wir hätten nichts dagegen zu tauschen!
Andrew, Bron und ihre beiden Mädels Pippa und Indigo bringen Leben in die Bude und natürlich sind sie ebenfalls von der Leidenschaft für Motorräder, Motoren und alte Fahrzeuge befallen.
Andrew hat 2 mal an der Peking/Paris Rally teilgenommen (das haben wir zuhause im Fernsehen verfolgt!). Sie alle sind zur Zeit ein wenig ausgenudelt, zum einen von der gerade überstandenen Magen-Darm Grippe und zum anderen weil die sonst niedliche und fröhliche kleine Indigo heftigst zahnt, was selbst das friedlichste Baby zum nächtlichen Albtraum macht.
Also haben wir alle (ich meine die Besucher) noch etwas gemein: Wir sind in Paul und Kerrys friedlichen Hafen eingelaufen und versuchen unsere Batterien wieder aufzuladen – wir für die Weiterfahrt und Familie Snelling für den Alltag und so verbringen wir die letzten Tage des alten Jahres mit ein paar Ausflügen und ein wenig Erholung – auch wenn wir nebenbei versuchen Motorrad und Blog auf fit und auf den neuesten Stand zu bringen……
Silvester hatten wir eigentlich vor, zu einer Party zu gehen, aber als es so weit ist, hat keiner wirklich Lust. Kurzentschlossen kochen wir ein schnelles Mahl für alle und hocken uns mit einem gemütlichen Feuer (in einer alten Waschmaschinentrommel) hinters Haus. Mit Mühle halten wir bis Mitternacht durch. Am Ende genau die rechte Art, das turbulente Jahr abzuschießen.......
Nach einem ruhigen Ende zu einem unglaublichen Jahr beginnen wir 2015 mit einer Motorradtour mit Paul und Kerry und ein paar von ihren Freunden. Paul und Kerry fahren schon nach kurzer Zeit wieder nach Hause, denn sie wollen Andrew, Bron und die Kinder nicht so lange ihren alten Hund alleine lassen, wir schließen uns dem verbleibenden Rest der Truppe an und erkunden noch ein paar extra Schleifen der Küstenstraße. Oft halten wir an, um die wunderschönen Aussichten entlang der Küste und auf Bruny Island zu genießen. Es ist ein herrlicher Tag, aber windig und man weis hier wirklich nie so richtig, was man anziehen soll. In der Sonne ist es heiß und dank des antarktischen Ozonlochs holt man sich in Nullkommanichts einen gehörigen Sonnenbrand, wenn die Sonne allerdings hinter einer Wolke verschwindet ist es sofort gemein kalt und der Wind legt auch nur selten eine Pause ein.
Nach und nach verabschieden sich die meisten und am Ende sind wir noch mit Tim und John unterwegs, der uns auf einen Apfelwein in seiner Garage einlädt, wo wir dann seine 3 alten italienischen Motorräder und die 2 BMWs bewundern, die er dort aufgereiht hat. So ziemlich jeder hier in Paul und Kerrys Freundeskreis scheint eine solche Sammlung zu besitzen (wenn auch keiner mit Pauls privatem Motorradmuseum mithalten kann). Natürlich bleibt es nicht bei einer Dose Apfelwein und John hat auch viel zu erzählen, denn er ist Koch und hat viele europäische Sommer in Italien gearbeitet – den Südhalbkugelsommer verbrachte er dann hier in Tasmanien als Schiffskoch.
Den nächsten Tag wollen wir Mark und seinen Vater Stan besuchen. Die beiden haben uns ja nun oft genug eingeladen, doch einmal vorbeizukommen, was wir auch unbedingt tun wollen, denn sowohl Stan als auch sein Sohn, der in Hobart als Universitätsprofessor arbeitet sind extrem liebenswert. Hinzu kommt natürlich das Stan ein sehr buntes Leben geführt hat und mit einem verschmitzten Lächeln tausende von Geschichten zu erzählen weis. Den Krieg hat er als Berufsmusiker überlebt, denn er musste in dieser Funktion nicht so viel Zeit in der Nähe der Front verbringen und anschließend war er mit seiner Trompete auf vielen Bühnen der Welt zu finden. Allerdings hatte er noch eine zweite Leidenschaft - Motorräder – und so machte er sich denn auch bald einen Namen als Motorradrennfahrer und war wie bereits erwähnt, in 1953 war er sogar Gespannweltmeister.
Er ist nun fast 90 Jahre alt, aber noch immer aktiv und selbst ein angeknackster Wirbel, den er sich vor kurzen zugezogen hat hält ihn nicht davon ab, eine Runde mit Kevin im Beiwagen zu drehen und sich dann auch noch zum Spaß in der Kurve optisch wirkungsvoll für ein Foto aus dem Boot zu lehnen.
Mark wirkt zwar auf den ersten Blick wie ein typischer Professor, er hat aber das verschmitzte Lächeln und den Charme seines Vaters geerbt und auch die Leidenschaft fürs Motorradfahren…
Wir verbringen hier also einen weiteren Tag in illustrer Gesellschaft mit vielen Anekdoten.
Mark lebt in Richmond – ein wunderhübscher alter Ort, der viel von tasmanischer Geschichte zu berichten hätte, wenn eine Kleinstadt denn reden könnte…. Auf jeden Fall sind viele der historischen Gebäude erhalten.
Eigentlich wollten wir ja nur bis zum 2 Januar bei Paul und Kerry bleiben, aber seit kurz vor Silvester habe ich schon Zahnschmerzen – wir können aber erst am 5. Januar einen Zahnarzttermin ausmachen – vorher ist alles und überall geschlossen – außerdem schwingt Kerry die Peitsche und wir dürfen erst weiterfahren, wenn ich mit dem Blog wenigstens bis zu unserer Ankunft in Australien aufgeholt habe und so verbringen wir die nächsten Tage damit, dass Kev und Paul sich unseres Motorrades annehmen und sie endlich auf Vordermann bringen und ich sitze vor dem Computer und ackere mich durch den Bericht über Osttimor, die Übersetzung sowie die Fotos und das nachdem ich schon die letzten 10 Tage des alten Jahres damit verbracht habe, unsere Erlebnisse von Bali bis Westtimor zu Papier bzw. auf den Computer zu bringen. Darüber hinaus nehmen wir noch den ganzen fälligen Papierkram wie das Verlängern unseres Carnets und die abgelaufene Haftpflichtversicherung in Angriff und besorgen eine neue Simkarte für unseren Internetstick … wollen wir mal hoffen, dass die Verbindungen hier in Tasmanien besser sind! Mit Pauls Hilfe bestellen wir dann noch eine Ladung Ersatzteile, die wir hoffentlich bei unserer Rückkehr nach Sandfly einsammeln können.
Der Zaharzttermin ist dann am Dienstagmorgen gleich um 9.30 Uhr und während ich dort eine Stunde lang schwitze packt Kev dann schon mal das Motorrad, so dass wir nun endlich diese Insel erkunden können.